TÖDLICHE HILFE (Assistance Mortelle)

Datum/Zeit
Donnerstag - 06.06.2019
20:30

Veranstaltungsort
Kino im Sprengel

Kategorien:

Eintritt: keine Angabe

Erreichbarkeit mit dem Rollstuhl:

Toiletten, ggf. Umkleideräume:

Kontakt: keine Angabe



von Raoul Peck, Haiti/BEL/F/USA 2013, 100 min., frz, kreol, spanisch u. dt. mit dt. UT, digital

Kurztext: Raoul Peck dokumentiert nach dem schweren Erdbeben von 2010 in Haiti die zwiespältige Rolle westlicher Hilfsorganisationen in Haiti.

Am späten Nachmittag des 12. Januar 2010 erschüttert ein heftiges Erdbeben Haiti: 316.000 Menschen kommen ums Leben, mehr als 1,5 Millionen werden obdachlos. Die Hilfsbereitschaft für das Land ist groß. Die nahen USA schicken Soldaten, die UN stocken die Friedenstruppe auf, große und kleine Hilfsorganisationen fliegen Menschen und Material ein, Prominente werben um Spenden. Im März 2010 wurden auf einer Internationalen Geberkonferenz 11 Milliarden US-Dollar an Hilfszahlungen zugesagt. Trotz der Notlage kommt so etwas wie Aufbruchstimmung auf, zumal Bill Clinton als UN-Sonderbeauftragter bald davon spricht, Haiti „besser wiederaufzubauen“, mit mehr wirtschaftlichen Perspektiven und einer effizienteren Verwaltung.

Raoul Peck war von 1996 bis 1997 Kulturminister Haitis. Von Beginn an ist er skeptisch gegenüber den weitreichenden Hilfszusagen, sieht aber auch die großen Chancen, die diese Aufmerksamkeit für Haiti bietet. Peck beobachtet und dreht fast zwei Jahre lang, was dieser Tsunami an Katastrophen- und bald auch Wiederaufbauhilfe mit Haiti und den Haitianer*innen macht. Sein Fazit ist vernichtend: „Die Diktatur der Aufbauhilfe ist brutal, willkürlich, blind und selbstherrlich. Ein paternalistisches Ungeheuer, das alles aus dem Weg räumt und so tut, als würde es die Probleme lösen, die es selbst am Leben erhält.“

Peck beobachtet unabhängig und langfristig. Er schafft es, nicht eine vorgefasste These zu illustrieren, sondern als Beobachter zuzuhören und zuzusehen. Haitianer*innen zeigt er als Akteure und nicht als Opfer. Eine Frau steuert einen Bagger, eine gut organisierte Müllverwertung schafft Arbeitsplätze und erwirtschaftet Exporterlöse, obdachlos Gewordene engagieren sich für gemeinsame Anliegen, der Premierminister analysiert die Lage des Landes scharf. Diese Bilder stehen im Kontrast zur Hilfsindustrie, ihrer Selbstinszenierung und ihrem Paternalismus. (ezef) 0
„Ein filmischer Essay, in dem Peck radikal nicht nur mit dem Hilfsprojekt Haiti, sondern mit den Praktiken der westlichen ‚Entwicklungshilfe‘ (‚humantitäre Pornografie‘) abrechnet.“ (epd-film)