Lee Scratch Perry’s Vision of Paradise

Datum/Zeit
Freitag - 29.04.2016
20:30

Veranstaltungsort
Kino im Sprengel

Kategorien:

Eintritt: kostet was

Erreichbarkeit mit dem Rollstuhl:

Toiletten, ggf. Umkleideräume:

Kontakt: keine Angabe



von Volker Schaner, D/CH/GB/Jamaika/Äthiopien 2015, 100 min., O.m.U.,

Kurztext: Porträt des exzentrischen Reggae-Produzenten. Mentor von Bob Marley, Gottvater des Dub, inszeniert als Superheld, der das Böse mit musikalischen Massenvernichtungswaffen bekämpft.

Lee Perry, 1936 in klassischer Johnny-B.-Goode-Manier auf dem Land geboren, um sich dann seit den späten 50er-Jahren in der großen Stadt als Musiker zu verdingen, in diesem Fall in Kingston, Jamaika, ist einerseits emblematisch, anderseits eine absolute Ausnahmeerscheinung, ein Einzelgänger und Solitär in der Reggaeszene. Bekannt wurde Perry als Mentor und Produzent der ersten beiden Alben von Bob Marley und den
Wailers. Seine eigentliche Leidenschaft galt aber jeher der Erforschung der experimentellen, meist rein instrumentalen Seite des Reggae: dem Dub, der aus „Subtraktion und Extraktion“ entsteht, wie Mad Professor, eine andere Reggae-Größe, im Film erklärt. Also den Beat zu dekonstruieren – alles bis auf das Grundgerüst aus Schlagzeug und Bass wie bei einem Mikadospiel wegzunehmen, ohne dass das Ganze in sich zusammenkracht … Mit einfachem Equipment und einer gehörigen Portion Genie schuf Perry so in den 70ern einen unverwechselbaren Sound, den sogar Größen wie Paul
McCartney mit seinen Wings für Aufnahmen nutzten und einen legendären Ort dafür: das Black Ark Studio – wie eine symbolische Arche Noah, die die Schwarzen in der Diaspora versammeln und schützen sollte. Wohin geht die Reise? Der Film führt uns in die Schweiz, nach Jamaika, London, Berlin und Äthiopien …Perry verfolgt eine bestimmte Vision. Er ist tief religiös, auch wenn er mit den Kirchen nichts am Hut hat. Man könnte ihn einen Ekstatiker Gottes3 nennen, der mithilfe von Rum und Ganja4 heftig an die Himmelspforte klopfte.In den späten 1970ern fühlte sich Perry auf der Insel zunehmends
bedrängt. Viele Musiker klopften an die Tür seiner Arche und wollten der nächste Bob Marley werden. Der weltweite Erfolg seines einstigen Schützlings weckte Begehrlichkeiten. Scratch antwortete in seiner Manier: um sein Studio von bösen Geistern zu reinigen, brannte er es einfach nieder. Aus dieser Asche erhob er sich wie ein Phoenix und landetet letztlich auf einer ungewöhnlichen Reise in den Schweizer Bergen, wo er heute mit Frau und Kindern lebt. (Christian Troberg)

Die Pionierleistungen des exzentrischen Reggae-Produzenten werden in Lee Scratch Perry’s Vision of Paradise nicht nur sorgfältig dokumentiert, sie werden als Aktionen eines Superhelden, der das Böse mit musikalischen Massenvernichtungswaffen bekämpft, ins Beld gesetzt.
Zwischen den animierten Clips wirbelt der Film vom Schweizer Haus der Reggae-Ikone über den äthiopischen Geburtsort der rastafarischen Gottheit Heile Selassie bis zum wiedererbauten Black Arc Studio in Kingston, Jamaica. In Letzterem produzierte Perry Hits für die Wailers und andere, und half mit, den Dub zu kreiren, der zahllose nachfolgende Musiker beeinflusste. Perrys Gründe für das Niederbrennen des Studios im Jahr 1983 sind nicht gänzlich erklärt. Er wollte es zerstören, bevor es ihn zerstörte, sagt sein Biograph David Katz, der wie zahlreiche Mitarbeiter Perry interviewt wird. Doch überall stellt der Film die acht Jahrzehnte der Karriere Perrys und ihre Merkwürdigkeiten in einen hochverdienten zeitlosen Kontext. (Patricia Meschino, Billboard)

Eintritt 5 Euro, HannoverAktivPass 2,50 Euro