Ausgeschlossen oder privilegiert? Wie das Sozialrecht zum Instrument der „Migrationskontrolle“ wird

Datum/Zeit
Mittwoch - 02.02.2022
18:00 - 20:00

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Toiletten, ggf. Umkleideräume:

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Vortrag von Claudius Voigt
Menschen mit einer EU-Staatsangehörigkeit sind gegenüber Drittstaatsangehörigen in vielfacher Hinsicht privilegiert: Sie genießen Freizügigkeit, haben das Recht auf Aufenthalt und benötigen dafür von der Ausländerbehörde keine Erlaubnis. Die Ausländerbehörden haben gleichsam die „Kontrolle“ über Einreise und Aufenthalt von EU-Bürger*innen verloren. Dies ergibt sich unmittelbar aus den Verträgen, Richtlinien und Verordnungen der EU. Stattdessen haben sich in Deutschland die Sozialbehörden zu einer „neuen Grenzpolizei“ entwickelt. Der weitgehende sozialrechtliche Ausschluss von wirtschaftlich (angeblich) nicht verwertbaren EU-Bürger*innen betrifft bestimmte Gruppen systematisch und hat weitgehende Folgen:
Schutzlosigkeit, Ausbeutbarkeit, Verelendung und Wohnungslosigkeit.
Der Sozialstaat entzieht sich hierbei vollständig seiner verfassungsmäßigen Verantwortung. Claudius Voigt beschreibt in seinem Vortrag nicht nur die Rechtslage dieses neuen Grenzregimes, sondern berichtet darüber hinaus auch von den Auswirkungen in der Praxis.
Mit einem Kommentar von Georgi Ivanov, Anlauf- und Beratungsstelle Nevo Drom in Berlin.
Claudius Voigt ist Sozialarbeiter und arbeitet seit 2004 bei der Gemeinnützigen Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e.V. in Münster in einem Projekt zur Qualifizierung von Beratungsstellen. Sein inhaltlicher Schwerpunkt sind dabei die sozial- und aufenthaltsrechtlichen Regelungen für Unionsbürger*innen sowie das Fachkräfteeinwanderungsgesetz.
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Der Vortrag findet online statt und ist Teil der Veranstaltungsreihe „Freizügigkeit für alle?“, in welcher im Austausch von Wissenschaft und Praxis die Mechanismen und Wirkungsweisen des Rassismus im EU-Binnengrenzregime beleuchtet werden. Warum werden die Kommunen zu entscheidenden migrationspolitischen Akteuren in der erweiterten Union? Weshalb entwickelt sich in diesem Kontext das Sozialrecht zu einem Instrument des Ausschlusses und der Migrationskontrolle? Und inwiefern strukturieren rassistische Deutungsmuster institutionelle Praktiken des Ein- und Ausschlusses von Unionsbürger*innen?
Ein Projekt des Instituts für Didaktik der Demokratie der Leibniz Universität in Kooperation mit dem Bildungsforum gegen Antiziganismus, der Hochschule Hannover und der Kommunalen Hochschule für Verwaltung in Niedersachsen.
Gefördert im Rahmen der Ausschreibung „Zukunftsdiskurse“ des Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur.